Begriffsdefinition "Sorgerecht"
Was bedeutet der Begriff "Sorgerecht"?
veröffentlicht 18. Juli 2009

Sorgerecht bei Getrenntleben

Seit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz von 1998 bleibt es im Falle der Trennung und Scheidung i.d.R. bei der gemeinsamen elterlichen Sorge.

Das Sorgerecht wird nur in Ausnahmefällen geändert, d.h. einem Elternteil ganz oder teilweise entzogen. Insbesondere, wenn ein Elternteil einen entsprechenden Antrag stellt, kann ihm das Gericht – wenn die (engen) Voraussetzungen hierfür vorliegen – die alleinige elterliche Sorge übertragen. Das ist auch für einzelne Bestandteile der elterlichen Sorge möglich, z.B. für das Aufenthaltsbestimmungsrecht, für die Gesundheitsfürsorge sowie für einmalige Sachentscheidungen, in denen sich die Eltern nicht einigen können.

Was bedeutet der Begriff „Sorgerecht“?

Das Sorgerecht ist, kurz gesagt, das Entscheidungsrecht der Eltern, die ja gesetzliche Vertreter ihres Kindes sind. Das Sorgerecht umfasst das Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen. Die Eltern üben das Sorgerecht ganz selbstverständlich aus, aufmerksam wird man allenfalls beim Abschluss eines Ausbildungsvertrages, Eröffnung eines Bankkontos oder Beantragung eines Ausweisdokuments. In aller Regel sind sich die Eltern über die zu treffenden Entscheidungen einig, sodass es nicht zu Problemen kommt.

Gemeinsame Ausübung der elterlichen Sorge bedeutet jedoch nicht, dass die Eltern sämtliche Entscheidungen nur gemeinsam treffen können. Das wäre insbesondere bei getrennt lebenden Eltern, um die es in diesem Beitrag geht, überhaupt nicht praktikabel.

Wenn die Eltern getrennt leben und beide das Sorgerecht haben, differenziert das Gesetz nach Bedeutung bzw. Reichweite der Angelegenheit, in der Entscheidungen für das Kind zu treffen sind. Das Nähere regelt § 1687 BGB.

Ist Gefahr im Verzug, liegt also ein echter Notfall vor, steht dem handelnden Elternteil ein sog. Notvertretungsrecht zu. Dieser Elternteil kann und darf dann faktisch allein in diesem Notfall entscheiden.

Für die „normalen Dinge“ gibt es im Grunde genommen drei Bereiche:

1. Bereich (Angelegenheit ist für das Kind von erheblicher Bedeutung)
Bei Entscheidungen in „Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist“, ist das gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich (§ 1687 Abs. 1, Satz 1 BGB). Entscheidungen in diesem Bereich sind also von den Eltern gemeinsam zu treffen - nach vorheriger Abstimmung und Information. In diesen Bereich Fallen alle Angelegenheiten, die nicht häufig vorkommen und deren Entscheidung nur schwer wieder zu ändern ist (so die gesetzliche Definition). Auf dieser Stufe stehen z.B. der Aufenthalt des Kindes, die religiöse Erziehung (Bestimmung des Religionsbekenntnisses), Gesundheitsfürsorge (z.B. die Entscheidung über eine riskante Heilbehandlung/Operation, wobei in Notfällen, wenn ein Elternteil nicht erreicht werden kann, selbstverständlich die Entscheidung eines Elternteils ausreicht), grundsätzliche Entscheidungen betreffend die Ausbildung (Wahl der Schulart und Schule, etc.) sowie Entscheidungen über das Vermögen des Kindes.

2. Bereich (Angelegenheiten des täglichen Lebens)
In „Angelegenheiten des täglichen Lebens“, ist derjenige Elternteil zu alleinigen Entscheidung befugt, bei dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, also der hauptbetreuende Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung „gewöhnlich“ aufhält (wohnt). Hier ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht angesprochen. Entscheidungen in diesem Bereich sind z.B. Bestimmung der Schlafenszeiten, Art der Ernährung, Taschengeld, Fernsehkonsum, Umgang mit Freunden, Besuch von Diskotheken, usw.

3. Bereich (Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung)
Bei „Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung“ darf der Elternteil Entscheidungen treffen, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung (vorübergehend) aufhält – etwa während vereinbarter Umgangskontakte. Hierunter fallen z.B. Ernährung, Bettruhe, Fernsehkonsum, usw. Dies deckt sich im Wesentlichen mit der zweiten Stufe, jedoch besteht rechtlich ein Unterschied: Der Elternteil hat während des Umgangs kein Vertretungsrecht; dieses besteht nur in Notfällen. Der hauptbetreuende Elternteil wird also in der Regel nicht mit vertreten, ist an die Entscheidung des anderen nicht gebunden und könnte daher auch eine abweichende Entscheidung treffen. Für die Erziehung und Entwicklung des Kindes sollten die Eltern natürlich anstreben, für das Kind einheitliche Regeln aufzustellen.

(Stand: 16.07.2008)

Quelle: RA Dirk Vollmer für www.ehescheidung24.de